Laien-Blog Sommer2024

„Klarer, ehrlicher Ansprechpartner im Orden“

Nach rund 45 Jahren verabschiedete sich Klaus Bornewasser aus dem ehrenamtlichen Engagement für die dominikanische Laiengemeinschaft. Seit 1979 vertrat er die Interessen des dritten Ordenszweigs von der Provinzebene über Europäische Gremien bis hin zum Internationalen Rat der Laien. Provinzial fr. Peter Kreutzwald dankt Klaus Bornewasser für die vertrauensvolle Zusammenarbeit, zuletzt bei der Vorbereitung der Fusion der Laiengemeinschaften in Deutschland und Österreich. „Ich kenne und schätze ihn seit Jahrzehnten als klaren, ehrlichen Ansprechpartner im Orden.“ Klaus Bornewasser freut sich auf die Gemeinschaft in der dominikanischen Laienfraternität „Las Casas“ in Düsseldorf. Doch zuvor hat er für uns zurückgeschaut.

Frage: Herr Bornewasser, wann haben Sie gemerkt, dass Sie dem Dominikanerorden als Laie beitreten wollen?

Klaus Bornewasser: Seit meinem neunten Lebensjahr bin ich in Düsseldorf in Kontakt mit den Dominikanern, erst als Sänger der Knabenschola, später als Messdiener. Schon früh habe ich die Gemeinschaft als weltoffen und menschenzugewandt kennengelernt. Das war anders als z.B. damals beim Beicht- oder Firmunterricht in der Pfarrkirche, wo oft nur der moralische Zeigefinger erhoben wurde.

Mitte der 1970er Jahre gründete P. Emmanuel Renz OP an St. Andreas einen Bibelkreis, zu dem er auch uns ältere Messdiener samt Partnerinnen einlud. Nach einigen Monaten fragte er uns, ob wir Laienmitglieder des Ordens werden wollten. Das Postulat hätten wir mit dem Bibelkreis bereits hinter uns gebracht. Er meinte, jetzt könnte das Noviziat beginnen.

(KB schmunzelt.) Emmanuels Einladung habe ich als Chance gerne angenommen, um Leben im Geist des hl. Dominikus als Laie mitgestalten zu können.

Frage: Sie haben von Düsseldorf aus 1980 den Stein ins Rollen gebracht, dass die Ordensregel für den Laienzweig aktualisiert wird, sowohl sprachlich als auch inhaltlich. Diese Regel gilt heute weltweit. Haben Sie Beispiele für uns, was „zeitgemäß“ – so Ihr Anspruch – weiterentwickelt worden ist?

KB: Das Gruppenleben wurde vor der Aktua-lisierung der Regel von dem Dominikanerpater bestimmt, der die Laiengruppe betreute. Dieser Pater hatte den Titel „Direktor“; in der neuen Regel änderte sich dies in „Geistlicher Begleiter“. Die Verantwortung für das Leben der Gruppe liegt nun vor allem in den Händen des Gruppenrates. Der Geistliche Begleiter berät die Laiengruppe und hilft „im Bereich von Glaubenslehre und geistlichem Leben“. Auch weist die neue Regel aus, dass die Laiengemeinschaften Teil der Dominikanischen Familie sind. Als Mitglieder des Ordens tragen die Gemeinschaften auf ihre Weise dessen apostolische Sendung mit in Gebet, Studium und Predigt (§§3 und 4). Die Ordensmitgliedschaft wird auch dadurch deutlich, dass seit 2008 die Laien intern in Verbindung mit dem Zusatz „Herr“ oder „Frau“ das Kürzel „OP“ hinter dem Namen tragen dürfen. Paragraph 18 („Die Gemeinschaften der Laien stehen unter der Jurisdiktion des Ordens.“) wurde in der neuen Regel ergänzt um den Zusatz: „Sie genießen aber die den Laien eigene Autonomie, kraft derer sie sich selbst leiten.“

Frage: Als Zeuge disruptiver Entwicklungen in den vergangenen Jahrzehnten (z.B. Fall des Eisernen Vorhangs, digitale Kommunikationsmöglichkeiten, Globalisierung) haben Sie mitgearbeitet daran, dass die Dominikanische Laienbewegung sich weiter vernetzen kann. Wie war das für Sie, kontinuierlich Menschen aus zunächst unbekannten Kulturräumen zu treffen? 

KB: Mein großes Glück war tatsächlich, dass wir uns in der familia dominicana häufig zunächst als Unbekannte getroffen haben. Glück, weil bis heute Begegnung für mich heißt, zu Beginn einander in die Augen zu schauen: Wer ist mein Gegenüber, was motiviert sie/ihn? Was kann ich lernen, was mag ich von mir weitergeben?

Die Unterschiede können bereichern, wenn man einander zuhört, auf Augenhöhe begegnet und andere Meinungen toleriert. Zudem habe ich im Internationalen Rat der Dominikanischen Laien spannende Einblicke bekommen, wie dominikanisches Leben in anderen Kulturen verwirklicht wird.

So führen z.B. Laien des Ordens in Manila ein Krankenhaus, das kostenlos ambulante und stationäre Hilfe für zigtausende Obdachlose der Millionenstadt leistet. Es gibt einige fest angestellte bezahlte Kräfte, doch viele Ärzte, Pflegende und Organisierende arbeiten stundenweise ehrenamtlich. Das Krankenhaus („Martin de Porres Charity Hospital“) finanziert sich überwiegend aus Spenden. Dieses Engagement der philippinischen Laien zu erleben, beeindruckt mich bis heute.

Frage: Die Aquarium-Pointe des Ordensmeisters im Gründungsgottesdienst Ende Januar wurde oft zitiert; nun steht der Transfer in die Realität an. Frater Gerard hatte die Metapher vorher bereits in einer Predigt an Dominikanerinnen gerichtet – Wie übersetzen Sie persönlich für die Laiengemeinschaft seinen Wunsch, sich in Deutschland, Österreich und Ungarn weiter ins tiefe Wasser zu wagen?

KB: Zunächst paraphrasiere auch ich: Wer als Fischer ins tiefe Wasser will, muss navigieren, schwimmen und anpacken können. Und:

Fische fangen wollen. Für diese Team-Herausforderungen brauchen wir alle Hände an den Netzen: Wie werden wir in der neuen Provinz ein Team? Was wollen wir an zeitgemäßen Fähigkeiten dazulernen, ausprobieren, damit andere Menschen uns zuhören mögen? Denn ob wir „Augenhöhe“ erreichen, entscheiden nicht wir, sondern die Menschen uns gegenüber. Wie nehmen wir z.B. Niedergeschlagenheit, Enttäuschungen, Zynismus, Verhärtungen wahr und reagieren darauf? Finden wir konkrete Hilfsprojekte bei Themen, die wir mit „Justitia et Pax“ beschreiben?

Als Haltung wünsche ich uns, die kommenden Schritte gemeinsam zielorientiert, mit fröhlichem Herzen und ohne erhobenen Zeigefinger anzugehen.

Frage: Auch in die Frage, wann Laien predigen dürfen, ist Bewegung gekommen in den vergangenen Jahrzehnten. Wie stehen Sie dazu?

KB: Kürzlich auf einem Symposium in den USA über Laienpredigten während der Messe fragte Organisator fr. Gregory Heille OP europäische Laien dazu an. Meine Antwort an ihn? Es ist heutzutage unverständlich und falsch, dass nur Priester und Diakone in der Heiligen Messe nach dem Evangelium predigen dürfen. Vor allem angesichts der ursprünglichen Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils und der inzwischen rundum veränderten gesellschaftliche Bedürfnisse in großen Teilen der christlichen Welt. Es gibt zahlreiche Ordensschwestern und Laien, die aufgrund ihrer beruflichen und menschlichen Qualifikationen und Erfahrungen hervorragend in der Lage wären, eine sehr gute Predigt zu halten.

Das Weihekriterium als Ausschlusskriterium ist nicht mehr zeitgemäß und entspricht nicht den Texten aus „Lumen Gentium“, die besagen, dass die Gläubigen Anteil am prophetischen Amt Jesu Christi haben.

In den 1990er Jahren hatte ich dreimal Gelegenheit, in der Messe nach dem Evangelium zu predigen. Zweimal erhielt ich vom damaligen Weihbischof vertretungsweise die Erlaubnis, da unser Gemeindepfarrer schwer erkrankt Weihnachten nicht predigen konnte. Ein weiteres Mal durfte ich 1998 während des Generalkapitels in Bologna predigen auf Einladung des damaligen indischen Provinzials, der mit dem pakistanischen Provinzoberen eine Messe für den Frieden feierte. Ich habe diese Dienste gerne übernommen.

Gerade jetzt, wo in Europa der Mangel an Priestern immer größer wird, wäre enorm wichtig, entsprechend geschulte Laien und Schwestern weiter in liturgische Dienste, inklusive Predigt, einzubeziehen. Das wäre sicher ein Segen für die ganze Kirche. Und das Diakonat der Frau darf auch kein Tabu mehr sein für unsere Kirche.

Danke, Herr Bornewasser, für das Interview. Wir von der Redaktion Rundbrief wünschen Ihnen einen lebendigen Ruhestand, den Sie mit Ihrer Familie genießen können.

ZUR PERSON

Klaus Bornewasser, Jg. 1950, übernahm 29jährig erstmals Leitungsaufgaben für die Laiengemeinschaft in der früheren Provinz Teutonia. Er arbeitete von Düsseldorf aus ab 1980 mit tatkräftigen Mitstreitenden an einer aktualisierten Ordensregel für den dritten Zweig, die 1985 auf dem Internationalen Kongress Dominikanischer Laien beschlossen wurde. Seit seiner Profess als Laie 1978 hat sich Klaus Bornewasser, inzwischen pensionierter Schulleiter, national und international im Orden vernetzt, war gefragter Organisator und Beitragender auf Kongressen und Tagungen. Seine Motivation? „Die Idee des hl. Dominikus ist wichtig für unsere Welt heute. Daran arbeite ich als Laie im Orden mit. Denn ein Leben im Zölibat war und ist für mich nicht vorstellbar. Da muss man zu sich selbst ehrlich sein.“ Er ist verheiratet mit der Künstlerin Ulrike Bornewasser, sie haben zwei erwachsene Söhne.

Interview: ST | Fotos: Klaus Bornewasser